Mittwoch, 19. Oktober 2011

Kommentar: Die Analysten versus Apple - Ost gegen West

Enttäuscht zeigte sich die Wall Street (Ostküste) über die jüngsten Zahlen von Apple (Westküste). Nur 17 Millionen iPhones seien im dritten Quartal verkauft worden, 20 Millionen waren erwartet (meint: gefordert) worden. Dabei hätte jeder, der nur einigermaßen bei gesundem Menschenverstand ist, damit rechnen müssen, dass irgendwann der Attentismus ausbricht: das Warten auf ein neues iPhone, das ja dann auch kam und von dem sich in drei Tagen vier Millionen verkaufen ließen. Problemlos.
Enttäuscht zeigte sich die Wall Street (Ostküste) darüber, dass der Umsatz von Apple (Westküste) gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres nur um 39 Prozent gestiegen ist. Man war da in der Vergangenheit 80 Prozent-Steigerungen gewohnt und nicht solche Trippelschritte. Wer aus natürlichem Wachstum heraus 29 Milliarden Dollar hinlegt (und dabei fast 40 Prozent wächst), der hat allen Respekt der Welt verdient. Annähernd solche Erfolge schafft ja noch nicht einmal Großmaul Larry Ellison.
Enttäuscht zeigte sich Wall Street (Ostküste) darüber, dass der Gewinn nur um 54 Prozent auf 6,6 Milliarden Dollar gestiegen ist. Da wird mehr erwartet. Soll Apple diesem Druck folgen? In der Ära nach Steve Jobs steht Apple nun an dem Punkt, an dem sich die Firma entscheiden muss: Kunde oder Aktionär. Es waren die Kunden, denen Apple allen Erfolg zu verdanken hat. Zu einer Zeit, als die Aktionäre und Analysten keinen Pfifferling mehr auf Apple gaben, haben sie zu der Firma gestanden. Und sie waren es, die die 17 Millionen iPhones und 11 Millionen iPads im letzten Quartal erworben haben. Bislang war es so, dass das Umsatzwachstum prozentual immer höher war als der Anstieg beim Gewinn. Ein deutliches Zeichen dafür, dass der Kunde im Mittelpunkt stand. Diesmal ist es anders. Eine Ausnahme? Hoffentlich.

Während Ostküsten-Firmen wie IBM seit bald 20 Jahren ihre Erfolgskurve vor allem dem Financial Engineering zu verdanken haben, hat Apple in die Geräte investiert, aus denen IBM mit dem Verkauf ihrer Thinkpad-Division ausgestiegen ist. Und Hewlett-Packard, bis vor kurzem noch der Inbegriff des Westküsten-Pioniers, wollte sich unter dem Druck der Wall Street und ihrer hörigen Buchhalter (Leo Apotheker) aus dem PC-Geschäft, der Mutter aller Endgeräte, durch Abspaltung entfernen. Zum Glück wird diese Strategie des Versagens gerade noch einmal einer strengen Überprüfung unterzogen.

Keine Kommentare: